Samstag, Juni 18, 2016

Manege frei!

Wie gestern erwähnt waren die Jungs und ich heute einfach so im Zirkus(einfach so, nachdem ein Kollege mich drauf hingewiesen hatte, dass man mit unserem Arbeitgeberkulturförderdingens 10CHF/Person Rabatt bekommt und dass es toll war und der Hübsche gestern und heute Sportdingens hatte und so nicht zu unserer Unterhaltung zur Verfüung stand und der Wetterbericht katastrophal war).
Ich habe zu Zirkus ja schon seit Jahren ein ambivalentes Verhältnis. Schon als Kind fand ich die grossen Zirkusse grossartig (als bayerisches Kind kenne und liebe ich natürlich die Weihnachtsvorstellungen im Winterquartier des Zirkus Krone), die kleinen, die in der Fussgängerzone mit einem struppigen Shetlandpony um Futtergeld für ihre Tiere baten und auf der Dorfwiese campierten, machten mich eine Mischung aus traurig und schuldbewusst.
Mittlerweile habe ich den Eindruck (ACHTUNG: ich habe nullkommanull recherchiert, das ist nur ein Gefühl), dass sich die kleinen Zirkusse eh nicht halten können und sich die Szene eher auf die grossen konzentriert. Und (Gottseidank) dass Tiere im Zirkus immer weniger werden. Für mich bräuchte es ehrlich gesagt im Zirkus überhaupt keine Tiere, ich habe nie verstanden, warum die Elefanten-, Pferde-, Löwen-, Tigernummern von den Zirkussen als die Prestigenummern schlechthin gehandelt wurden. Ich fand sie entweder gruselig (Elefanten, Tiger etc) oder/und langweilig (alles mit Pferden).
Nun denn, soviel der Vorrede. Der Zirkus Knie, den wir heute besucht haben, hat sich vor einiger Zeit von seinen Elefanten und den meisten exotischen Tieren in der Manege getrennt, die sind jetzt im Zoo Rapperswil. Trotzdem bekam man direkt am Eingan noch Flyer gegen Tiere in der Manege in die Hand gedrückt, schliesslich treten immer noch Pferde, Zebras und Kamele auf.
Als Fazit zu dem Tiernummern bietet sich an: "Früher war mehr Lametta". Ich gebe zu, ich war schon ungefähr 1000Jahre nicht mehr im Zirkus, das letzte Mal war ich noch mit L. schwanger und wir waren mit Au-El in einem kleineren Schweizer Zirkus. Es kamen damals drei Sachen zusammen:
1. Au-el hatte eine Clownphobie und reagierte total panisch.
2. Little Q. liess sich anstecken.
3. Die Bänke hatten keine Rückenlehnen.
Und so plumpste Little Q. just in dem Moment, als die Tiger durch so halbscharige Gitterkäfige in die Manege geleitet wurden, nach hinten rückwärts von der Tribüne in den Kies unterhalb. Es ist ihm nix passiert, er hatte danach relativ lang ein Clownproblem, wir haben die halbe Vorstellung verpasst und nie gesehen, was die Tiger so drauf hatten und erstmal keine Lust mehr auf Zirkus.

Wie auch immer, aus den Zeiten noch davor hatte ich in Erinnerung, dass die Pferdenummern zwar noch nie das Spannendste der Welt waren, aber immerhin gabs Glitzerglitzer und Funkelpuschel und glutäugige Schönheiten in Glitzerfummeln auf den Pferden.
Heutzutage sind die Pferdenummern scheints immer noch die Kernkompetenz der Besitzerfamilie, aber man macht das alles eher so Montessoriemässig. Ich war mir nie sicher, ob das jetzt eine geplante komische Einlage war, dass sich eines der schwarzen Araberpferde (Achtung: ich habe keine Ahnung von Pferden. Es sah so aus, wie ich mir ein Araberpferd vorstelle. Es hatte eine Art Dauerwelle in der Mähne und keine dicken Füsse und keine so lustigen Ponyfransen wie ein Shetlandpony) lieber gewälzt hat anstatt in komischer Gangart mit den anderen einen Stern zu formen. Keine Ahnung, ob es geplant war, dass das eine gekackt hat, als ob es kein Morgen gäbe, während die anderen sich auf ein Vorderbein knieten, als ob ihnen jemand die Achillessehne durchgeschnitten hätte (immerhin hat sich das Zebra danach an einer anderen Stelle gewälzt. Überhaupt wurde sehr viel gewälzt.). Es gab auch kein Geglitzer, die Tiere liefen sozusagen nackt im Kreis. Das mag viel besser für die Tiere sein als in glitzerfunkel mit so Kopfpuscheln, aber ich sags mal so: noch besser gefiele es den Tieren bestimmt, eben da überhaupt nicht im Kreis zu laufen (auch, wenn man sich ab und an wälzen kann)  und eigentlich war dieses ganze im Kreisgerenne und Formationsgehumpel schon ein bisschen fad.

ABER: der Rest war grossartig. Die Akrobaten waren super, es blieb einem nahezu das Herz stehen, nicht nur beim vierfachen Salto von Trapez zu Trapez, es gab grossartige Balance-Akrobatik, Diabolo-Künstler, die Showtruppe zeigte, dass man sogar Seilspringen zu einer Bombenshow machen kann. Little Q. und L. waren so begeistert, dass ich immer wieder dafür sorgen musste, dass L. sich hinsetzte und so auch die Leute hinter uns was sehen konnten, es war einfach zu spannend! Sogar der Clown war wirklich, wirklich lustig und es ist keiner runtergefallen.
Alles super! (Noch eine Neuerung: Little L. ist im Lesefieber. Zwar aktuell vor allem Comics, die aber immer und überall, ich kam mir auf der langen Fahrt mit dem ÖV schon fast vernachlässigt vor.









4 Kommentare:

Sunni hat gesagt…

Liebe Frau Brüllen, danke für die Schilderung. You made my evening! :-) Vielleicht könnte man das Wälzen bei den nächsten Teambildungsprozessen...Also sinnbildlich, Sie verstehen? Ich kann gerade nicht mehr vor Lachen. Falls Ihnen mal langweilig werden sollte, wovon ich nicht ausgehe - leider -, dann schreiben Sie doch bitte mal ein Buch. Ich warte schon drauf!

Asty hat gesagt…

Wenn man es so überlegt, müsste man ja auch das Dressurreiten (ist sogar olympisch, oder nicht?) abschaffen. So würde in der Natur ja kein Pferd freiwillig herumstolpern.
Liebe Grüsse
Asty

Anonym hat gesagt…

Liebe Frau Brüllen,
wir gehen seit Jahren sehr gerne zu Circus Monti.Dieser Circus ist komplett tierfrei und schafft es jedesmal, dass wir ganz verzaubert aus der Vorstellung kommen. Im August gastiert er wieder in Basel.
Für Erwachsene kann ich auch sehr das Broadway-Variete empfehlen. Ab September gastiert das Variete hinterm Freibad im St. Jakobsgelände. Eine rundum schräge Show inklusive Dreigangmenü, nicht ganz billig. Aber wir finden, dass jeder Franken gut investiert ist.
Viele Grüße, Kathrin

Koala hat gesagt…

Die Familie Knie gastiert jedes Jahr in Stuttgart auf dem Weltweihnachtszirkus. Glücklicherweise direkt vor der Pause: So kann man schon mal entspannt raus gehen und spart sich die Schlangen vor den Toiletten ;-)
Hab ich leider zu spät gemerkt und mir somit Glitzer Glitzer (hach, dunkle Manege, alle Pferde haben leuchtdioden-Bänder um *Ironier aus*) antun müssen. Der Herr neben mir hat derweil interessiert die Nachrichten auf dem Handy gecheckt.
Sie stehen also nicht alleine da :-)
LG, uta